„Wir wollen weg von Teilhabe und Inklusion hin zur Teilgabe.“
Interview mit Nico Walter vom Begegnungszentrum Normal in Linden
Zusatztipp: Das Begegnungszentrum NiL ist ein Projekt der Lebenshilfe Hannover. Darüber hinaus arbeitet im Standort in der Charlottenstraße das Büro für Leichte Sprache, welches Texte in einfache Sprache überträgt und dann von einer Prüfgruppe von Menschen mit Behinderungen prüfen lässt und mit einem Siegel „Leichte Sprache“ versieht.
Was steckt hinter dem Projekt NiL?
„Normal in Linden“, kurz NiL, steht für inklusive Begegnung und Sozialraumorientierung, also dass Menschen mit geistiger Behinderung und Menschen ohne Behinderung in Kontakt kommen und hier Begegnung entsteht. Uns ist es wichtig, dass Menschen mit Behinderung in inklusiven Teams ehrenamtlich aktiv sein können und ihr Engagement, ihre Skills, Kompetenzen und Ideen einbringen können, in unserer Einrichtung und im ganzen Stadtteil.
Wie sieht der Alltag bei Euch aus?
Es gibt ein Monatsprogramm, geschrieben und begleitet in Leichter Sprache. Dies wird auch von Teammitgliedern mit Behinderungen geprüft. Unser inklusives Ehrenamtsteam ist aufgeteilt in das Café- und das Eventteam. Das Café Team ist zuständig für das sonntägliche Café und einmal im Monat für ein klassisches Konzert zusammen mit der Musikhochschule. Da gibt’s einen Plan, der es dem Team ermöglicht, inhaltlich relativ frei zu gestalten. Die hauptamtlich Tätigen im NiL kümmern sich um Projekte durch Anfragen von Personen oder Institutionen, die ehrenamtliches Engagement einbinden möchten. Hier wird unser Eventteam aktiv. Wichtig ist uns der Einbezug der Aktiven in die Planungsentscheidungen, sonst denken wir Hauptamtlichen uns etwas aus und die Ehrenamtlichen tragen es gar nicht mit.
Gibt’s etwas, was Du in Kooperationen gelernt hast?
Jede Person bringt eigene Perspektiven und Motivationen mit. Es ist total bereichernd, hier zuzuhören, was sie bewegt und was sie mitbringt. Uns ist es wichtig, einen Blick auf die Kompetenzen und Ressourcen zu werfen. Es ist ein Anliegen von uns, die öffentliche Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung zu verändern. Wir kommen ja aus einer
Zeit, in der lange von Vernichtung und Absonderung gesprochen wurde, dann von Fürsorge. Heute sprechen wir von Teilhabe und Inklusion. Wir wollen aber hin zur Teilgabe, um zu zeigen: Was Du von Deinem Skillset mitbringst, das hätte ich nicht einbringen
können. Zum Beispiel bei Raumplanung ist es sinnvoll, Menschen mit Behinderungen einzubeziehen, dann wird festgestellt: Die Stufe ist zu hoch, die Schrift ist zu klein, der Stuhl ist zu eng. Da müssen wir mehr zuhören.
Hast Du konkrete Anregungen?
Ich würde mir wünschen, dass mehr in Leichter Sprache kommuniziert wird, vielleicht auch gar nicht in Zweitvariante, sondern direkt. Dass räumliche Barrierefreiheit eingehalten wird, Ihr sitzt z.B. in der dritten Etage ohne Aufzug. Und es ist wichtig, das eigene Netzwerk zu überschreiten, um neue Personengruppen erreichen zu können. Eine Möglichkeit, Menschen mit Behinderung einzubinden ist es, Träger der Eingliederungshilfe direkt zu adressieren. Die großen Diskussionen über Inklusion, Vielfalt und multiperspektivischen Blick sind alle wichtig, aber was der große Vorteil ist, wenn man gemeinsam Dinge tut, dass sich automatisch Barrieren in den Köpfen abbauen und man lernt, die Perspektiven anderer wertzuschätzen. Auch gesamtgesellschaftlich, weil man einfach so etwas bewegt.
NiL findest Du unter der Nummer 401.
Dies ist nur ein Interviewausschnitt. Die gesamte Version findest Du auf
www.oekostadt.de/solidarischestadtkarte